Testing Limits – Pushing Frontiers
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Lifting Bodies ASSET & PRIME |
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Bei den hier beschriebenen Flugkörpern handelt es sich um unbemannte Raumfahrzeuge, die im START (Spacecraft Technology and Advanced Reentry Tests)-Programm der 1960er Jahre von der U.S. Air Force entworfen, gebaut und getestet wurden. Ende der 50er Jahre stießen amerikanische Aerodynamiker
bei Entwicklungsarbeiten von wiedereintrittsfähigen, ballistischen
Atomsprengköpfen auf den Effekt, daß stumpf gerundete Körper
nicht nur die Hitze beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre überstehen,
sondern zudem noch Auftrieb liefern. Diesen Effekt nutzend, konzipierten
Aerodynamiker der NASA bemannte tragflächenlose Flugkörper,
deren Auftrieb allein aus der ungewöhnlichen Rumpfform resultiert.
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Das ASSET (Aerothermodynamic/Elastic
Structural Systems Environmental Tests)-Programm war der erste Teil
des Programms START (s.o.). Dabei handelte es sich um ein USAF-Forschungsprogramm
zur Entwicklung eines wiederverwendbaren, manövrierfähigen
Wiedereintrittsfahrzeugs, das aus der Erdumlaufbahn zu einem präzisen
Landepunkt auf der Erde geflogen werden kann. Da Tragflächen im
Weltraum keinen Auftrieb erzeugen und durch die Kräfte des Wiedereintritts
beschädigt würden, entwickelten die Ingenieure flügellose
Flugkörper, so genannte Lifting Bodies, die ihren aerodynamischen
Auftrieb allein aus ihrer Rumpfform beziehen. Diese Flugkörper
würden in einem flachen Gleitwinkel wieder in die Erdatmosphäre
eintreten und könnten zur Landung auf einem herkömmlichen
Flugplatz manövriert werden. Damit entfielen die massiven maritimen
Bergungskräfte, die für die Wiedereintrittskapseln der Mercury-,
Gemini- und Apollo-Programme benötigt wurden (die sehr wenig manövrierfähig
waren). ASSET in der Ausstellung des U.S. Air Force Museum im Jahr 1995
Das PRIME (Precision Recovery Including Maneuvering Entry)-Projekt war der zweite Teil des Programms START (s.o.). Es verfolgte das zweifache Ziel, Fortschritte beim Bau von Raumfahrt-Hardware zu testen und die Entwicklung von unbemannten und bemannten flügellosen Rumpfauftriebs-Flugkörpern wie der Martin Marietta X-24 weiter zu erforschen. Vier SV-5D-Fahrzeuge (SV für Space Vehicle) wurden von der Martin Marietta Corp. gebaut, um die Ziele des PRIME-Programms zu erfüllen. Zusätzlich trugen diese Flugkörper teils die Bezeichnung X-23. Außerhalb der Erdatmosphäre wurde die SV-5D durch die Freisetzung von Hochdruck-Stickstoff durch Kaltgastriebwerke manövriert. Beim Wiedereintritt in die Atmosphäre schaltete das interne Trägheits-Steuerungssystem automatisch auf flugzeugähnliche Klappen für die Nick- und Rollsteuerung um. Während des Fluges wurden ca. 240(!) verschieden Parameter per Funk übertragen. Nach dem Flug war eine Wasserung nur für den Notfall vorgesehen, die Bergung sollte noch in der Luft mittels einer Lockheed JC-130B erfolgen, während der Flugkörper noch an seinem Landefallschirm hing, was beim dritten Flug auch gelang. Es war die gleich Methode, mit der die Filmkapseln der CORONA-Fotoaufkärungssatelliten geborgen wurden. Bei einem typischen Flug wurde die unbemannte SV-5D mit einer Atlas-Trägerrakete
von der Vandenberg Air Force Base in Kalifornien gestartet. Am höchsten
Punkt ihrer Flugbahn neigte sich die Atlas nach unten, während
die Rakete sie weiter auf Geschwindigkeiten beschleunigte, die fast
so hoch waren wie die eines Raumfahrzeugs, das wieder in die Erdatmosphäre
eintritt. Das Trägheitsleitsystem des Flugkörpers lenkte ihn
zu einem vorgewählten Auffangpunkt. Drei PRIME-Testflüge wurden
durchgeführt, der erste am 21. Dezember 1966 und der letzte am
19. April 1967. Ein geplanter vierter Flug wurde aufgrund der Erfolge
der vorherigen drei Tests abgesagt. Im Zuge der Planungen für die Internationale Raumstation ISS gab
es bei der NASA kurz vor der Jahrtausendwende Überlegungen für
ein "Rettungsboot" für bis zu sieben Crewmitglieder,
das sogenannte "Crew Return Vehicle (CRV)", wofür das
SV-5d/X-24A-Konzept reaktiviert wurde. Es sollte in der Shuttle-Nutzlastbucht
zur ISS transportiert werden und bis zu drei Jahre an die ISS angedockt
bleiben. Die Arbeiten an als X-38 bezeichneten Prototypen (80% der Originalgröße)
waren bereits weit fortgeschritten, als es aufgrund technischer Probleme
und fiskalischer Beschränkungen im Jahr 2002 zum Programmabbruch
kam. PRIME in der Ausstellung des U.S. Air Force Museum im Jahr 1995 Quellen: |
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