Das Space Shuttle OV-103 "Discovery":
Das "erste" Modell der "Discovery" habe
ich in den Jahren 1988 bis 1990 gefertigt. Besonders aufwändig
war dabei die Ausgestaltung der Nutzlastbucht mit Nachbildungen der
"Thermal blankets". Mittlerweile war das Modell in die Jahre
gekommen und wies sowohl einige Alterungs- und Gebrauchsspuren sowie
Baufehler auf, beispielsweise in der Konfiguration des "Thermal
Protection Systems". Größter Nachteil des Modells war
aber, dass es nur als "Stack" zusammen mit Tank und Boostern
oder geständert präsentiert werden konnte. Ein Modell dieser
Größe sollte aber auch auf seinem eigenen Fahrwerk stehen
und zusätzlich auch der für das OV-101 "Enterprise"
scratchgebaute "Tail Cone" an das Shuttle-Heck aufgesteckt
werden können. Damit – eines hoffentlich nicht mehr so fernen
Tages – die "Discovery" auf dem "Shuttle Carrier
Aircraft", der Boeing 747 ("NASA 905") thronen kann.
Alles im Maßstab 1:72 selbstverständlich...
Erste Arbeiten begannen bereits 2015 mit dem Flugdeck und den Fahrwerkskomponenten,
aber es ging nicht so recht voran. Es fehlte danach die richtige Initialzündung,
um konsequent den Neubau der "Discovery" voranzutreiben.
|
Die wichtigsten Teile und Baugruppen des
"neuen" OV-103 "Discovery",
hier komplett lackiert, mit Decals und bereit zum Zusammenbau.
Alle Teile werden zusammengesteckt, nichts wird geklebt! |
FSM-Ausgabe 4/1987Diese erfolgte durch Zufall, als ich Mitte
2017 eine historische Ausgabe des FineScale Modelers von April 1987
in die Hände (s.r.) bekam. Auf dem Cover dieses Heftes war unübersehbar
ein startendes Space Shuttle, in diesem Fall eindeutig das OV-102 "Columbia",
großformatig abgebildet. Links daneben war ein Foto eines kompletten
STS-Stacks eingefügt. Es handelte sich dabei um den Bausatz Nr.
5900 von Monogram "Space Shuttle with fuel tank and boosters".
In dieser speziellen Ausgabe ist ein Bericht auf Seite 15 aufgeführt,
in dem dieser Bausatz erstmalig ausführlich beschrieben wurde:
"Workbench Review: Monogram´s 1/72 scale Space Shuttle".
Interessant ist, dass ich bereits 1988 einen solchen Riesenbausatz für
damals unglaubliche 120 DM erwerben konnte. Und nun, gut 30 Jahre nach
Veröffentlichung des Artikels ist die "Erneuerung" des
damaligen Modells so gut wie abgeschlossen.
Wie bereits oben erwähnt, war es zuerst nur meine Absicht, das
bereits in die Jahre gekommene Urmodell durch ein neues zu ersetzen.
Während der Bauphase kam ich aber zu der Erkenntnis, dass ein einfaches
Neubauen unzureichend wäre. Und ein nahezu photorealistisches Modell
mit diversen Ätzteilen, 3D-Druck-Elementen und aufwändiger
Decal-Applikation zu bauen war nie meine Absicht. Dann kam mir Idee:
Wie wäre es, auf Grundlage des alten Bausatzes das Modell so umzugestalten,
wie ich mir eine aktualisierte, modernisierte Version des Space Transportation
Systems, speziell des Orbiters, vorstellen würde? Das es das OV-103
"Discovery" werden sollte, war von Anfang an klar. Aber über
die fast drei Jahrzehnte des Einsatzes haben sich die Orbiter zum Teil
in ihrer äußerlichen Erscheinung stark verändert. Ich
entschied mich dazu, das Modell der "Discovery" so zu konfigurieren,
wie es seinem Zustand am 16. Oktober 1983 entsprach, als das Roll-Out
des Orbiters auf dem Gelände des Herstellers Rockwell International
in Palmdale, Ca., stattfand. Dabei haben mir die in den letzten Jahren
veröffentlichten und von mir erworben Bücher über das
Space Shuttle Programm gute Dienste geleistet (s.
Buchbestand). Als Decals kommen der passende Bogen von Revell, Bünde,
zur Anwendung. Diese sind moderner und passen deutlich besser zum erneuerten
Erscheinungsbild des Modells als die eher rudimentären, alten Originaldecals
von Monogram.
Ich denke, dass Resultat kann sich sehen lassen und ist mit seinen
Präsentationsvarianten durch Um- und Eigenbauten absolut einzigartig.
Vielleicht nimmt ja eines Tages ein Bausatzhersteller meine Ideen auf
und setzt sie massentauglich um. Es wäre zumindest an der Zeit...
Danksagung:
Sehr herzlich danke ich dem Editor Mark Savage von der Kalmbach Publishing
Company (Waukesha, Wisconsin/USA) für die ausdrückliche Genehmigung,
die Titelseite und die Seite 15 der Ausgabe des FineScale Modelers von
April 1987 als Scans auf meiner website nachveröffentlichen zu
dürfen. Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass jede weitere
Verbreitung ohne Zustimmung des Rechteinhabers eine Verletzung dieser
Urheberrechte darstellt.
Doch jetzt zum Modell...
Der Bausatz:
Der Nachbau des OV-103 "Discovery" erfolgt – wie immer
– auf Grundlage des Plastik-Modellbausatzes (Spritzguss) von Monogram
im Maßstab 1:72. Dieser Bausatz eignet sich sehr gut, zudem habe
ich bereits mehrere Shuttle-Modelle aus diesem Bausatz gefertigt, insbesondere
das Modell des Orbiter-Prototyps OV-101 "Enterprise" (siehe
Baubericht und in der Modell-Galerie).
Die "Tücken" sind also wohlbekannt und vom "alten"
Modell wird nur die aufwändig gestaltete Nutzlastbucht, die Bugsektion
des Reaction Control System sowie die Nutzlastbuchttüren übernommen.
Da es sich bei der "Discovery" um ein Space Shuttle für
den Orbital-Einsatz handelt, sind einige Umbau- und umfangreiche Ergänzungsmaßnahmen
zum Bausatz-Modell erforderlich.
Diese Arbeiten umfassen analog zum Modell des OV-101 "Enterprise"
wieder die Bereiche einsteckbares Fahrwerk, Seitenleitwerk und -ruder,
Bodyflap und Heckschott (zur Anpassung des Tail Cone vom OV-101), SSME-
und OMS-Triebwerke, Cockpit-Fenster (neue Stege), Einstiegsluke, Flug-
und Mitteldeck. Abweichungen zur "Enterprise" ergeben sich
– neben der individuellen Farbgebung – bei folgenden Baugruppen:
(1) Das Flug- und Mitteldeck:
Das Flugdeck ist mit zwei zusätzlichen Sitzen für
eine Vier-Personen-Konfiguration ausgestattet, mit zwei HUD´s
für den Kommandanten und den Copiloten sowie zwei Öffnungen
als Zugang zum Mitteldeck. Zur Zeit des Roll-Out des Orbiters 1983 war
im Mitteldeck eine Luftschleuse installiert, die jetzt im Mitteldeck-Eigenbau
nicht fehlen darf. Auch die Rendezvous-Fenster sind realistischer mit
Doppelscheiben gestaltet.
(2) Die Bugsektion des Reaction Control System:
Die Absicht, das Modell in drei verschiedenen Konfigurationen
präsentieren zu können, erfordert in diesem Bereich sehr aufwändige
Umbaumaßnahmen. Bausatzseitig sind diese Öffnungen wie vor
einem Start abgedeckt oder nur angedeutet. Nach Rückkehr aus dem
Orbit liegen die RCS-Triebwerke offen und müssen dreidimensional
nachgebaut werden. Dazu wird nach dem Zusammenbau der Rumpfhälften
mittels Stahlnadel, die ich dazu in der Spitze eine Druckbleistiftes
fixiert habe, die RCS-Sektion vorsichtig herausgetrennt. Direkt anschließend
erfolgen Korrekturmaßnahmen, damit die herausgetrennte RCS-Sektion
wieder perfekt in die geschaffene Öffnung passt. Erst danach erfolgen
umfangreiche Bohr- und Fräsarbeiten, um die erforderlichen Triebwerksöffnungen
zu schaffen. Auf der Innenseite der RCS-Sektion werden für jede(!)
Öffnung mit konturangepassten 1mm-Polystyrolplättchen kleine
rechteckige Boxen eingebaut. In diese Formen, Box für Box, wird
später selbsthärtende Zweikomponenten-Modelliermasse eingebracht.
Die konische Ausformung der Triebwerksöffnungen erfolgt dann wieder
außenseitig mittels einer mit Sekundenkleber gehärteten Bleistiftspitze,
die in die Modelliermasse hineingedrückt wird. Damit alles gut
flutscht und glatte Oberflächen entstehen ist die Bleistiftspitze
etwas angefeuchtet. Die Vorgehensweise Box für Box ist wichtig,
denn damit wird vermieden, dass die konische Innenform einer Triebwerksöffnung
zugedrückt oder verformt wird, wenn an einer benachbarten Triebwerksöffnung
modelliert wird. Ein großer Aufwand, der sich aber auszahlt. Somit
ist eine realistische Nachbildung der RCS-Sektion erreicht.
Das war jetzt aber nur der erste Teil. Was noch fehlt, ist eine RCS-Sektion,
bei der die Triebwerksöffnungen wie zum Start geschlossen sind.
Zu diesem Zweck habe ich auf die identische Weise die RCS-Sektion aus
dem alten Shuttle-Modell herausgetrennt. Danach wurde sämtliche
Farbe entfernt, die Konturen der Triebwerksöffnungen durch Fräsen
leicht angepasst und die modifizierte, alte RCS-Sektion bestmöglich
an die entsprechende Öffnung im Bug des neuen Shuttle-Modells angepasst.
Somit habe ich nun zwei austauschbare Varianten der RCS-Sektion (wie
auch beim Seitenruder) und die Möglichkeit zur viel realistischeren
Präsentation des OV-103 bei dreifacher Konfigurationsauswahl!
(3) Die Nutzlastbuchttüren:
Die bewegliche Ausführung der Nutzlastbuchttüren
des Bausatzes gibt den Blick frei auf die Nutzlastbucht und ermöglicht
dem Modell ein realitätsgetreues Aussehen in der Orbitalkonfiguration.
Leider sind die beiden großen Plastikteile so verzogen und passungenau,
dass sie sich nicht spaltfrei schließen und in der Stack-Konfiguration
wieder aufspringen. Die Lösung dieses Problems erfolgt in gleicher
Methode wie eben bei der RCS-Sektion beschrieben: Vom alten Shuttle-Modell
werden die beiden Nutzlastbuchttüren entnommen, sämtliche
Farbe entfernt, zu einem haubenförmigen Bauteil verklebt, innen
mit Spanten verstärkt, der Nutzlastbucht des neuen Shuttle-Modells
angepasst und zuletzt gemäß des Farbschemas lackiert. Auch
damit habe ich nun zwei austauschbare Varianten der Nutzlastbuchtabdeckung
und die Möglichkeit zur viel realistischeren Präsentation
des OV-103 bei dreifacher Konfigurationsauswahl! Nachteil ist aber,
dass dazu die Nutzlastbucht-Einzeltüren abgenommen werden müssen.
Und damit das möglich ist, muss vorher die empfindliche Nutzlastbucht
komplett herausgenommen werden.
Anmerkung: Die große Nutzlastbuchtabdeckung fehlt leider auf dem
Bild mit den wichtigsten Teilen und Baugruppen (s.o.). Die Erforderlichkeit
zum Bau dieses Teils ergab sich erst nach der Bilderstellung (s.o.).
(4) Die Decals:
Das Aufbringen der erforderlichen Nassschiebebilder ist krönender
Abschluss jeder Arbeit am Modell, mit dem es erst zum Leben "erwacht".
Die den Bausätzen beiliegenden Decalsheets waren dieses Mal leider
so gut wie unbrauchbar und Ersatz musste her. Wie beim OV-101 "Enterprise"
fand wieder ein Decalbogen von Revell Verwendung. Das Aufbringen der
Decals war wieder einfach und unkompliziert. Weil alle Oberflächen
aber mit Mattfarben lackiert sind, kam zur besseren Oberflächenhaftung
von Microscale wieder die Lösung Micro Set zum Einsatz.
Im Unterschied zum alten Shuttle-Modell erfolgt die Nachbildung der
metallischen Innenseite der Nutzlastbuchttüren nicht mit Alufolie
sondern mit Hilfe von Nassschiebefolie, die mit Metall-Sonderfarbe bedruckt
ist. Der Bezug dieses sehr ungewöhnlichen Materials erfolgte über
den Decalservice von www.druckeronkel.de.
Der Glanzeffekt ist zwar deutlich geringer als bei Alufolie, dafür
lässt sich die Folie absolut knitter- und faltenfrei applizieren
(eine absolute Sch[w]eissarbeit!). Das Ergebnis spricht für sich...
|