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Space-Shuttle-Wappen der NASA

Space Shuttle

Shuttle-C: Die ehemalige Konzeptstudie als maßstabsgerechtes Modell

Scale: 1:72,
Modell: z.T. Monogram, überwiegend Um-/Eigenbau

Shuttle-C-Signet der NASA

Beim "Shuttle-C" handelt es sich um eine unbemannte Frachtversion des Shuttles. Es stellte in den späten 80er-Jahren eine kostengünstige Weiterentwicklung des aktuellen Space Shuttles dar. Es war geplant, bereits Ende 1994 möglicherweise Nutzlasten von 45 bis 77 Tonnen in eine Erdumlaufbahn zu befördern. Das einzige neue Element des Shuttle-C wäre ein zylindrischer Nutzlastträger mit einer 25m (82 Fuß) langen Nutzlastbucht und einem Durchmesser von 4,5m (15 Fuß). Die übrigen Elemente wie Haupttriebwerke, externer Tank sowie die Booster wären vom Space Shuttle-Programm anfänglich eins zu eins übernommen worden.

Fotomontage vom Start des Shuttle-C
Start der unbemannten Frachtversion Shuttle-C
(Fotomontage Nachtstart STS-67, NASA)

 

Das Modell:
Grafik des Shuttle-C-Konzepts
Quelle: Dennis R. Jenkins
Wie bereits im Baubericht (s. Bericht) über den "Neubau" des OV-103 beschrieben habe ich das "erste" Modell der "Discovery" in den Jahren 1988 bis 1990 gefertigt. Nach der Fertigstellung des Nach-/Neubaus des OV-103 "Discovery" stellte sich die Frage, was mit dem 30 Jahre alten "Urmodell" möglicherweise anzufangen wäre. Auch wenn das Ur-Modell nach der Kanibalisierung ziemlich "gefleddert" übrig blieb, war es doch viel zu schade einfach entsorgt zu werden. Bei der Betrachtung des traurigen Rests fiel mir auf, dass das Heck komplett erhalten und unbeschädigt war. Zudem erinnerte ich mich, dass ich damals nach dem Zusammenbau des Rumpfes einen die Hecksektion komplett ausfüllenden Balsaholzblock eingepasst hatte. Dieser war vorab mit sechs M6-Einschraubmuttern versehen, die zur Aufnahme von drei Gewindestangen dienten, die durch die SSME-Treibwerksglocken durchgesteckt und eingeschraubt wurden. Somit hatte ich eine durchaus brauchbare Basis, um mir endlich einen schon seit 30(!) Jahren gehegten Wunsch zu erfüllen: Den Bau des unbemannten Shuttle-C.

Erster Arbeitschritt war die Freilegung der auch als "Boattail" bezeichneten trapezförmigen Hecksektion mit den OMS-Pods. Nach dem Herausschneiden dieses Rumpfteils wurden die Öffnungen an den seitlichen Tragflächenansätzen verschlossen, das Seitenleitwerk und die sog. Bodyflap entfernt. Nach entsprechenden Spachtel- und Schleifarbeiten war der Rohbau des Hecks in Form des Main Propulsion Test Article 98 – "MPTA-98" – fertig. Danach schloss sich die Überlegung an, wie die zylindrische Nutzlastbuch zu bauen wäre.

Ein Eigenbau des Zylinders mit einer Länge von fast 35 cm wurde schnell verworfen. Die Schwachstelle wäre die lange Klebenaht gewesen, denn der Querschnitt wäre nicht mehr kreisrund sondern "eierig" geworden. Um dies zu verhindern und dem Bauteil die erforderliche innere Stabilität zu verleihen hätte ich noch Spanten und Stringer einbauen müssen. Viel zu aufwändig...eine bessere Lösung musste her. Diese fand ich bei meinem örtlichen Baumarkt in Form eines einen Meter langen HT-Rohrs, das üblicherweise als Fallrohr für Dachrinnen verwendet wird. Der Rohrdurchmesser mit 7,5 cm passte fast perfekt zur Hecksektion. Am vorderen Schott der Hecksektion klebte ich eine kreisrunde Polystyrolplatte auf, die genau dem Innendurchmesser des HT-Rohrs entsprach. Die Zentrierung dieser Scheibe erfolgte so, dass das HT-Rohr sowohl seitlich als auch mit der Oberseite bündig abschloss. Um dem späteren Modell eine höhere Authentizität zu verleihen erfolgte das Eingravieren von drei schmalen Längsrillen links, rechts und auf der Unterseite. Auf der Oberseite gravierte ich die zehn Klappenelemente (acht 6,35 cm und zwei 9,3 cm lang) der Nutzlastbucht mit breiteren und tieferen Rillen. Um ein möglichst sauberes, exaktes Ergebnis bei den Rillen zu erzielen baute ich aus Sperrholz eine Art Hilfsrahmen, in dem das HT-Rohr arretiert wurde. Somit war das Rohr standsicher und gut zu bearbeiten.

Analoge Bauzeichnung des Shuttle-C-Projekts
Bauzeichnung in 1:72
Als echte Herausforderung stellte sich der aerodynamisch geformte Übergang von der zylindrischen Nutzlastbucht zum Boattail heraus. Ich entschied mich, in mühseliger Kleinarbeit den äußeren Mantel des HT-Rohrs aus hellgrauem Kunststoff auf exakt der Fläche abzufräsen, die später von dieser Konturform überdeckt werden sollte. Somit hatte ich genügend Platz gewonnen, um eine 0,5 mm dicke Polystyrolplatte auf das vordere Schott des Boattails zu kleben, die u-förmig gebogen die untere Hälfte des Zylinders umschloss. Die Länge entsprach genau dem hinteren Klappenelement von 6,35 cm. Zur Stabilisierung wurden sieben Spanten auf die Außenseite aufgeklebt. Somit war die Kontur der Übergangbereichs grob vorgegeben. Danach erfolgte das Ausfüllen der Spantzwischenräume mit Hilfe von milliput superfein weiss. Was nun folgte waren sehr langwierige und umfangreiche Schleifarbeiten, bis eine gleichmäßig ebene Oberfläche mit fließenden Formübergängen erreicht war.
Eine weitere, knifflige Aufgabe waren die Wülste auf den hinteren Klappensegmenten als Übergang zum nicht kreisrunden vorderen Schott der Hecksektion. Angaben oder zeichnerische Vorgaben über die Form und Größe dieser Wülste/Rampen waren nicht zu finden – mit Ausnahme der Shuttle-C-Illustration, die auf Seite 457 im Band II der dreibändigen Enzyklopädie "Space Shuttle: Developing an Icon 1972-2013" von Dennis R. Jenkins zu finden ist. Dort sind diese Übergänge mehr oder weniger lobusartig dargestellt. Ich habe diese Form aber nicht übernommen sondern mich für wulstförmige Übergänge entschieden. Dabei spielte die Überlegung eine Rolle, dass das Shuttle-C schnell beschleunigt und die dichteren Atmosphärenschichten zügig hinter sich lässt. Somit ist die maximale aerodynamische Beanspruchung – auch Max-Q genannt – ebenfalls schnell vorüber und eine hyperschall-taugliche Formgebung nicht mehr notwendig. Außerdem waren die Wulstformen leichter zu bauen...

Ein weiteres, wichtiges Bauteil ist die Rampe für die Bugstrebe als vordere Verbindung zum Tank. Diese Rampe fehlt beim Originalentwurf des Shuttle-C und ist ein Zugeständnis an den mittlerweile vierzig Jahre alten Monogram-Bausatz, bei dem ausschließlich die Montage eines Orbiters vorgesehen war. Beim "realen" Shuttle-C wäre eine längere Vorderstrebe benutzt worden, um die Längsachsen der Tank/Shuttle-C-Kombination fast parallel zu halten. Der Bau der Rampe erfolgte mittles kleiner Polystyrolplatten mit genau winklig geschliffenen Klebekanten.

Entwurfsdatei des Fairings des Shuttle-C
Fairing-Entwurfsdatei 1:72
Als letztes, großes Bausegment fehlte dann nur noch die konische Frontverkleidung, auch als "Fairing" bezeichnet. Als Durchmesser war ja das HT-Rohr als Nutzlastzylinder vorgegeben. Was noch fehlte war die Höhe und davon abgeleitet der Öffnungswinkel des Konus. Nach einigen Recherchen und Zeichnungen entschied ich mich für einen Winkel von 55 Grad. Damit ergab sich eine Höhe 7,3 cm. Weil das Fairing aber nicht spitz zulaufen sondern mit einem abgerundeten Nosecone versehen sein sollte resultierte eine Höhe von knapp 6 cm.
Auch hier stellte sich die Frage, das Fairing selbst herzustellen und wenn ja, auf welche Weise – und vor allem – mit welchem Ergebnis. Letzendlich entschied ich mich, einen neuen Weg zu beschreiten. Mit modernem 3D-Druck sollte es doch wohl möglich sein, eine einfache, symmetrische Form wie das Fairing herzustellen. Glücklicherweise fand ich einen Anbieter (Fa. Formwerk3D) in Hannover, der meine technischen Vorgaben (Ja, das gute, alte Millimeterpapier – voll analog!) verarbeiten konnte und innerhalb zwei Wochen zwei Exemplare herstellte. Wegen der Härte des Materials folgten erneut sehr aufwändige Schleifarbeiten, beginnend mit 80er-Körnung bis zu 400er, alles im Nassschliff. Was für eine Quäle- und Sauerei...

Abschließend erfolgte die Anpassung der drei SSME´s vom alten Bausatz. Dazu wurde die alte Farbe entfernt, anschließend die Oberfläche geglättet und in jede der Triebwerksglocken eine M6-Schlossschraube eingeklebt. Die beiden OMS-Treibwerke wurden ebenfalls überarbeitet. Wie sich später herausstellte war das unnötig, da das Shuttle-C ohne diese Treibwerke ausgestattet gewesen wäre. Aber wer weiß das schon...das ist der Expertentest zu diesem Modell!

Üblicherweise schließt sich nach dem Bau das Grundieren und Lackieren an. Und nur mit dem richtigen, perfekten Finish fängt ein Modell an zu Leben. Beim Shuttle-C bestand die Herausforderung in der schieren Größe des Modells. Bei einer imposanten Gesamtlänge von immerhin 52 cm (!) und einem durchgehend glanzweissen Anstrich musste ich mir wieder etwas einfallen lassen.
Bereits bei der Lackierung meiner Boeing 737 N515NA in 1:72 kam ein hölzerner Drehteller eines schwedischen Möbelhauses zum Einsatz. Dieser Drehteller wurde entsprechend modifiziert, um darauf senkrecht das Modell des Shuttle-C zu montieren. Jetzt kamen die Einschraubmuttern im Balsaholzblock des Boattails zu Gute, weil mit Hilfe von Gewindestangen eine feste Verbindung zum Holzdrehteller möglich war. Damit brauchte ich das Modell nicht mehr in der Hand zu halten und konnte es während des Grundierens und späteren Lackierens aufrecht montiert schön um seine Längsachse rotieren lassen. Damit waren komplette Lackierdurchgänge kein Problem mehr und das Ergebnis kann sich entsprechend sehen lassen.

Zum Schluss erfolgte die Lackierung der SSME´s mit polierfähigen Metalizerfarben, Feinarbeiten an den beiden seitlichen T-0 Umbilical Panels sowie das Aufbringen von Nassschiebebildern aus meinem Decal-Fundus...

Aber wie der Modellbauer braucht auch ein Modell ein schützendes Zuhause. Was also noch fehlte war eine passende Aufbewahrungs- und Transportbox. Dazu baute ich einen großen Plastik-Werkzeugkoffer um, innen versehen mit reichlich Schaumstoff zum Schutz.

Ready for take off now...

Danksagung:
Sehr herzlich danke ich Dennis R. Jenkins für die freundliche Genehmigung, die detaillierte Shuttle-C-Illustration auf Seite 457, Band II der dreibändigen Enzyklopädie "Space Shuttle: Developing an Icon 1972-2013" von März 2017 auf meiner website nachveröffentlichen zu dürfen. Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass jede weitere Verbreitung ohne Zustimmung des Rechteinhabers eine Verletzung dieser Urheberrechte darstellt.

Doch jetzt zum Modell...


Foto vom Rohbau mit Einzeltelen
Der Bauplan in 1:72 und die wichtigsten Baugruppen des "Shuttle-C" auf einem Blick
 
Foto vom Modell   Foto vom Modell
Die alte trapezförmige Hecksektion mit dem...   ...neuen Anschlussstück für die Nutzlastbucht,...

Foto vom Modell   Foto vom Modell
...gut zu erkennen sind die Rippen zur Verstärkung...

  ...und als Maßgabe für die spätere Ausformung

Foto vom Modell   Foto vom Modell
Die OMS-Verkleidung und RCS-Pods wurden...

  ...unverändert übernommen. Was noch fehlt sind...

Foto vom Modell   Foto vom Modell
...die drei umgebauten SSME-Haupttriebwerke und...

  ...die zwei (eigentlich überflüssigen) OMS-Triebwerke

Foto vom Modell   Foto vom Modell
Der Bau des Anschlussstücks erfolgte hilfsweise...

  ...mit einem genau gleich langen HT-Rohrsegment

Foto vom Modell   Foto vom Modell
Mit dem Rohling für die Nutzlastbucht lässt sich...

  ...die Dimension des späteren Modells gut erkennen

Foto vom Nutzlastbucht-Rohbau
Der bearbeitete Nutzlastbucht-Rohling in seinem Hilfsrahmen aus Sperrholz
     
Foto vom Modell   Foto vom Modell
Mit den Markierungen auf den Hilfsrahmenköpfen...

  ...lassen sich die Positionen der Gravurlinien...

Foto vom Modell   Foto vom Modell
...an beiden Enden des Rohlings exakt bestimmen

  Das graue Wandmaterial wurde teilweise entfernt
Foto vom Modell   Foto vom Modell
Alle benötigten Bauteile auf einem Blick...

  ...und provisorisch zusammen gesteckt,...

Foto vom Modell   Foto vom Modell
...so lässt sich bereits im Rohbau gut erkennen...

  ...wie groß zum Schluss das Shuttle-C wird

Foto vom Modell   Foto vom Modell
Nach allen Klebe- und Schleifarbeiten erfolgt...

  ...die Grundierung/Lackierung auf dem Speisedrehteller

Foto von der Transportbox   Foto von der Transportbox
Immer wichtig: Eine geeignete Aufbewahrungs-...

  ...und Transportverpackung für das fertige Modell,...
Foto von der offenen Transportbox
...hier eine umgebaute und stark ausgepolsterte Kunststoff-Werkzeugbox
     


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