Danksagung:
Sehr herzlich danke ich Mike Gentry vom Johnson Space Center in Houston/Tx.
für die schnelle und überaus großzügige Unterstützung
im Vorfeld der Modellarbeiten. Insbesondere die Zusendung diverser originaler
Pressefotos aus dieser Zeit (Ender der 70er Jahre) per Post(!) sowie
per E-Mail waren extrem hilfreich und haben zum guten Gelingen des Projekts
entscheidend beigetragen. Diese Pressefotos sowie weitere beigefügte
Original-Unterlagen stellen eine ganz besondere Ergänzung des Modells
und einen wertvollen Informationsschatz dar. Herzlichen Dank dafür!
Doch jetzt zum Modell...
Der Bausatz:
Der Nachbau des OV-101 "Enterprise" erfolgt auf Grundlage
des Plastik-Modellbausatzes (Spritzguß) von Monogram im Maßstab
1:72. Dieser Bausatz eignet sich sehr gut, zudem habe ich bereits Shuttle-Modelle
aus diesem Bausatz gefertigt (siehe auch in der Modell-Galerie).
Die "Tücken" sind also wohlbekannt. Da es sich bei der
"Enterprise" nicht um ein Space Shuttle für den Orbital-Einsatz
handelt sondern um den Prototypen, sind einige Umbau- und umfangreiche
Ergänzungsmaßnahmen erforderlich. Die wichtigsten sind:
(1) Die "Flight Test Air Data Probe":
Die Flight Test Air Data Probe war integraler Bestandteil des
Developmental Flight Instrumentation System (DFI). Es handelt sich dabei
um einen konisch zulaufenden Ausleger, der knapp fünf Meter aus
dem Bug des Orbiters herausragt. An der Basis beträgt der Durchmesser
ca. 30 cm und der Anstellwinkel beträgt ungefähr 3,4°
nach unten, gemessen an der X-Achse (Rollachse) des Orbiters. (Diese
essentiellen Informationen wurden mir freundlicherweise von Mike Gentry
von Johnson Space Center, Texas, via E-Mail zur Verfügung gestellt.
Hinzu kommen eine Anzahl von zum Teil von mir bisher noch nie gesehenen
originalen NASA-Photographien, die er mir per Post zugeschickt hat und
die mir auch beim Nachbau des nachfolgend aufgeführten Elementes
sehr hilfreich sind. Vielen Dank dafür!) In der Nähe der Spitze
des Auslegers sind zwei Flügelsensoren ('pitch & yaw vanes')
angebracht, die die Anstellwinkel des Fluggerätes in Bezug auf
die Nick- und Gierachse messen.
Die Flight Test Air Data Probe für das Modell besteht aus einer
100 mm langen Aluminiumstange mit einem Durchmesser von 4 mm. Die vorderen
ca. 70 mm laufen spitz zu und sind mit zwei um 90° versetzten 0,3
mm-Bohrungen versehen. Diese Bohrungen dienen später der Befestigung
der Flügelsensoren. Das gegenüber liegende Ende des Auslegers
ist mit einem M4-Gewinde versehen. Die Fixierung erfolgt mittels einer
M4-Mutter, die im Bug oberhalb des Bugfahrwerkschachtes eingebaut ist.
(2) Die aerodynamische Heckverkleidung:
Der Nachbau des sogenannten "Conical Tail Cone" des
Orbiters stellt die größte modellbauerische Herausforderung
dar. Dankenswerter Weise hat mir Alan Brown vom DFRC einige historische
Bilder per E-Mail zukommen lassen, die mir bei der Gestaltung speziell
der Hecksektion um die Haupttriebwerke herum wertvolle Dienste leisten
werden. Auch für diese Unterstützung herzlichen Dank!
Abgesehen von diversen Bildern aus den NASA-Internetarchiven und einer
"Vorlage" im Maßstab 1:144 vom alten Revell-Bausatz
Boeing 747 SCA mit Orbiter "Enterprise" konnte ich bisher
leider keine weiteren nützlichen Informationen erlangen, trotz
Anfragen bei diversen NASA-Centern. Aber es wird auch so gehen...
Weil wie beim großen Vorbild auch beim Modell die aerodynamische
Heckverkleidung abnehmbar ausgelegt ist, müssen auch die drei Haupttriebwerke,
die zwei OMS-Triebwerke und die Body Flap abnehmbar sein. Deshalb wurde
am "Heckschott" die Body Flap abgetrennt, die Befestigungspunkte
für die drei Haupttriebwerke auf 4 mm und die der zwei OMS-Triebwerke
auf 1,5 mm aufgebohrt. Entsprechend wurden die Triebwerksglocken ebenfalls
aufgebohrt und drei Schloßschrauben mit M4-Gewinde bzw. zwei Senkkopfschlitzschrauben
mit 1,5 mm Durchmesser zentral mit Zweikomponenten-Klebstoff eingeklebt.
Die Fixierung der Haupttriebwerke erfolgt mittels rumpfinnenseitig eingeklebten
M4-Einschlagmuttern, die vorher separat in quadratische Balsaholz/Sperrholzblöcke
eingelassen wurden. Die Muttern für die zwei Senkkopfschlitzschrauben
mit 1,5 mm Durchmesser wurden direkt mit Zweikomponenten-Klebstoff rumpfinnenseitig
auf dem "Heckschott" befestigt.
Die Heckverkleidung erfolgt komplett als Eigenbau. Die Grundstruktur
besteht aus Quer- und Längsspanten aus Polystyrolplatten von 1,5
mm Dicke. Die Form und Abmessungen wurden dafür von der "Vorlage"
im Maßstab 1:144 abgenommen. Der Bau der Grundstruktur ist noch
relativ einfach, schwierig wird es beim Nachbau der heckwärts sich
verjüngenden Wölbungen in Verlängerung der OMS-Pods.
Die spätere Befestigung der Heckverkleidung am "Heckschott"
des Modells wird durch zwei Fixierstifte im Bereich der Body Flap und
durch einen starken Magnet gewährleistet, der anstelle des mittleren
Haupttriebwerks in das "Heckschott" eingeschraubt wird. Dazu
habe ich einen scheibenförmigen Magnet auf eine M4-Zylinderkopfschraube
geklebt. Als Gegenstück dient eine Stahl-Unterlegscheibe, die in
der Heckverkleidung eingelassen ist.
(3) Das Seitenleitwerk:
Das Seitenleitwerk, genauer das Seitenruder, hat bei den Originalen
zwei Funktionen zu erfüllen: Zum einen dient es zur Steuerung des
Space Shuttles in Bezug auf die Gierachse (Steuerung nach "links"
und "rechts") und zum anderen fungiert das Seitenruder als
Luftbremse. Um diese Doppelfunktion ausführen zu können, besteht
das Seitenruder aus zwei (eigentlich vier) Seitenruderelementen, die
kombiniert seitlich als Seitenruder ausschwenken können oder als
Luftbremse auseinander gespreizt werden können. Als Besonderheit
können die Seitenruderelemente auch im gespreizten Zustand zusätzlich
kombiniert seitlich geschwenkt werden – somit können die
Seitenruderelemente gleichzeitig beide Funktionen ausführen.
Der Aufwand, diese Doppelfunktion im Modell nachzuahmen, erscheint
mir zu groß und somit habe ich mich entschieden, mittels einer
Nut-Steckverbindung zwei Versionen der Seitenruderelemente nachzubauen.
Für den Einsatz als Luftbremse habe ich die Seitenruderelemente
mit einem Skalpell aus beiden Seitenleitwerkbauteilen herausgetrennt
und die Hohlformen anschließend mit 0,5 mm starken Platten aus
Polystyrol und passend gearbeiteten Polystyrol-Vierkantstäben zu
einer ebenen Innenfläche aufgefüllt. Die auf den jeweiligen
Außenseiten vorhandene Gravierung zur Andeutung eines oberen und
unteren Teils eines Seitenruderelementes wurde auf den Innenseiten exakt
wiederholt. Der Öffnungswinkel wird im Modell 30° betragen.
Beide Seitenruderelemente werden zu einem auswechselbaren Bauteil zusammengefügt.
Als "normales" Seitenruder habe ich aus 1 und 1,5 mm starken
Polystyrolplatten einen Rohling mit oben und unten etwas größeren
Abmessungen angefertigt. Um eine hohe Stabilität und gute Nachbearbeitung
zu gewährleisten, sind die oberen und unteren Enden des Rohlings
mit Zweikomponentenkleber ausgefüllt. Die exakte Passung und Nachbildung
der abgeschrägten Kanten oben und unten erfolgt durch vorsichtiges
nassschleifen. Als zweites auswechselbares Bauteil wird das Seitenruderduplikat
mit einem Polystyrol-Vierkantstab versehen, der exakt in die Nut des
entsprechend umgearbeiteten Seitenleitwerks passt. Die Fixierung des
"Luftbremse"-Bauteils erfolgt auf die gleiche Weise. Das Seitenleitwerk
selbst ist nicht mit dem Rumpf verklebt sondern nur aufgesteckt.
(4) Das Fahrwerk:
Wieso das Fahrwerk? Unterscheidet sich das Fahrwerk der "Enterprise"
von den nachfolgend gebauten Orbitern? Nein, zumindest nicht in einem
Umfang, der im Modell berücksichtigt werden müsste.
Der Grund für die aufwändigen Umbaumaßnahmen liegt darin,
dass das fertig gestellte Modell später in drei Konfigurationen
(Konfiguration Nr. 4 als Shuttle-Stack ist zwar möglich, nur dazu
ist ein weißer Außentank erforderlich) präsentiert
werden kann: Mit ausgefahrenem Fahrwerk nach der Landung mit ausgefahrener
Luftbremse, als Ständermodell im Gleitflugmodus und irgendwann
einmal huckepack auf dem Rücken des Shuttle Carrier Aircraft, SCA.
Der (Vacu-)Bausatz der Boeing 747-100 in 1:72 und der zugehörige
SCA-Umbausatz, beides von der Firma 'Aircraft in Miniature', sind bereits
vorhanden.
Diese Variationsmöglichkeiten in der Präsentation erfordern
den Umstieg in die modulare Bauweise des Fahrwerkes und der alternativen
Fahrwerkschacht-Abdeckungen. Modular heißt in diesem Fall, dass
sowohl das Bugfahrwerk als auch die Hauptfahrwerke so umgebaut werden,
dass sie als komplettes Einzelbauteil (Beine, Streben, Räder, Klappen)
in die jeweiligen Schächte hineingesteckt werden können. Dazu
wird für jedes der Fahrwerke aus 1 mm starken Polystyrolplatten
ein kleiner Kasten gefertigt, der einerseits exakt in den Schacht hineinpasst
und andererseits in sich das komplette Fahrwerk aufnimmt. Damit die
Module nicht herausfallen können, sind diese mit Hilfe von dünner
Magnetfolie gesichert. Ähnlich werden die Schachtabeckungen gebaut,
die eingesteckt werden, wenn das Shuttle am Außentank befestigt
ist. Für die geständerte Präsentation weicht die Vorgehensweise
bei den Hauptfahrwerken ab: Dazu wird ein Block aus gelben Hartschaum
(Material unbekannt, ähnlich wie Blumensteckschaum, aber sehr fest)
in entsprechend große Blöckchen geschnitten, der Kontur angepasst
und jeweils mit eingeklebten M4-Einschlagmuttern (diese dienen der Aufnahme
der Ständerstangen aus Edelstahl) versehen. Damit dieses Bauteil
die erforderliche Festigkeit besitzt, wird es abschließend mit
reichlich Sekundenkleber getränkt. Auch diese beiden Bauteile sind
mit Hilfe von dünner Magnetfolie gegen Herausfallen gesichert.
(5) Weitere (kleinere) Umbaumaßnahmen:
Bei genauere Betrachtung von Fotos, die die Cockpit-Fenster
detailliert zeigen, fiel auf, dass die Radien in den abgerundeten Ecken
der Fenster nicht mit dem Bausatz übereinstimmen. Die Fenster des
Bausatztes sind zu "eckig". Deshalb habe ich die vier Mittelstege
herausgetrennt, neu gefertigt und jetzt bündig mit der Außenhaut
verbunden. Damit hatte ich auch die Möglichkeit geschaffen, die
Glasfenster des Bausatzes nach geringen Anpassungsmaßnahmen von
der Cockpit-Innenseite her einzukleben. Somit ist auch der Fensterbereich
realistischer gestaltet.
Die Rendezvous-Fenster wurden von innen mit Silberpapier aus Zigarettenschachteln
blickdicht gemacht und jeweils mit einem gebogenen, rohrförmigen
Air Inlet versehen.
Die Ein- und Ausstiegsluke, die im Modell lediglich angedeutet ist,
wurde herausgetrennt und so umgearbeitet, dass diese einsteck- und herausnehmbar
ist. Um ein Modell mit geöffneter Ein- und Ausstiegsluke präsentieren
zu können, habe ich eine neue Luke gebaut, die genau in die Einstiegsöffnung
passt. Die Aufhängung erfolgt durch zwei kleine Metallbügel,
die im Rumpf unterhalb der Einstiegsöffnung eingesteckt werden.
Weil nun bei offenem Einstieg Einblicke in das Innere des Modells möglich
sind, wurde der Einbau eines passenden Mid Decks notwendig. Die dafür
erforderliche Vorlage fand ich als Zeichnung in einem meiner Bücher.
Sowohl das Cockpit als auch das Mid Deck sind im Modell nur eingesteckt
und herausnehmbar.
Damit der Zugang zum Cockpit und Mid Deck gewährleistet ist, sind
beide Ladebuchttüren zu einem großen Bauteil zusammengeklebt.
Dieses Bauteil wird nur auf die Ladebucht aufgesteckt.
Im Heckbereich mussten die zwei OMS-Triebwerke ersetzt werden. Die im
Bausatz enthaltenen sind viel zu glockenförmig. Die OMS-Triebwerke
des OV-101 waren nur Dummies und von konischer Form. Von einem alten
Shuttle-Bausatz in 1:144 hatte ich noch die Haupttriebwerke und glücklicherweise
passten diese sehr gut in Form und Dimensionen. Nur die Kühlrippen
mussten abgeschliffen werden, die Oberfläche geglättet und
jeweils eine Senkkopfschlitzschraube mit 1,5 mm Durchmesser zentral
eingeklebt werden.
Desweiteren wurden diverse Gravierarbeiten am Modell durchgeführt.
(6) Die Farbgebung:
Jedes einzelne der sechs gebauten Space Shuttles weist jeweils
ein individuelles Farbschema auf. Während die Farbschemata der
fünf weltraumtauglichen Orbiter nur relativ geringe Unterschiede
zeigen, besitzt die "Enterprise" ein deutlich abweichendes
Farbschema. Hauptgrund dafür ist, dass das aufwändige Hitzeschutzschild
(Thermal Protection System, TPS) technisch noch in der Entwicklung war
und somit nicht zur Verfügung stand. Weil die Flugerprobung ohnehin
ausschließlich innerhalb der Erdatmosphäre und bei niedrigen
Geschwindigkeiten durchgeführt werden sollten, wäre ein einsatzfähiges
Hitzeschutzschild auch nicht erforderlich gewesen. Somit beließen
es die Entwicklungsingenieure bei einem simulierten TPS bestehend aus
Kacheln aus Polyurethanschaum und Fieberglasselementen. Ebenso bestanden
die OMS-Pods beiderseits des Seitenleitwerks, die zwei OMS-Triebwerke
und die drei Haupttriebwerke aus Dummies. Diesen Nachbildungen der Haupttriebwerke
fehlten die Kühlleitungen der späteren funktionsfähigen
Aggregate und somit müssen die 'Rippen' auf der Oberfläche
der Haupttriebwerke beim Modell vorsichtig entfernt/abgeschliffen werden.
(7) Die Decals:
Krönender Abschluss jeder Arbeit am Modell ist das Aufbringen
der erforderlichen Nassschiebebilder. Erst dann "erwacht"
ein Modell zum Leben. Die den Bausätzen beiliegenden Decalsheets
waren zwar noch brauchbar aber nicht die erste Wahl. Vorausschauender
Weise habe ich mich bei meinem Besuch bei Revell
2012 in Bünde mich mit einigen Bögen für das 72er-Revellmodell
eindecken können, deren Qualität sehr viel besser ist. Das
Aufbringen der Nassschiebebilder war nicht schwierig, weil aber alle
Oberflächen mit Mattfarben lackiert sind, kam zur besseren Oberflächenhaftung
von Microscale die Lösung Micro Set zum Einsatz.
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